OLG Hamm – Urteil zum Überholverbot

Überholvorgang muss abgebrochen werden

Das „Schneeflocken-Urteil“ ist noch taufrisch, da rieselt vom OLG Hamm ein weiteres Urteil herein. Dieses hat es in sich und dürfte in der Praxis alles andere als zur Verkehrssicherheit beitragen!

Im vorliegenden Fall hatte ein Autofahrer Rechtsbeschwerde gegen ein Urteil des AG Unna eingelegt. Gemäß seiner Schilderung hatte er einen Überholvorgang noch vor Beginn einer Überholverbotszone (Z. 277) begonnen und mehrere Fahrzeuge überholt. Da sich ihm – aus seiner Sicht – keine ausreichende Lücke zum Wiedereinscheren nach rechts bot, setzte er seinen Überholvorgang fort und beendete diesen innerhalb der Verbotszone. Hierfür erhielt er einen Bußgeldbescheid in Höhe von 70,00 €, gegen den er Einspruch einlegte.

Das OLG Hamm entschied daraufhin mit Urteil vom 07.10.2014 (1 RBs 162/14):

„Die Überholverbotszeichen der Straßenverkehrsordnung verbieten, so der Senat, nicht nur den Beginn, sondern auch die Fortsetzung und die Beendigung des Überholvorgangs innerhalb der Überholverbotszone. Ein bereits vor Beginn der Überholverbotszone eingeleiteter Überholvorgang müsse noch vor dem Verbotsschild abgebrochen werden. Wer sich bei Beginn der Überholverbotszone mit seinem Fahrzeug bereits schräg vor dem zu überholenden Fahrzeug befinde, zu diesem aber noch keinen hinreichenden Sicherheitsabstand gewonnen habe, so dass er vor dem überholten Fahrzeug einscheren könne, müsse das Überholmanöver ebenfalls abbrechen. Er müsse sein Fahrzeug gegebenenfalls verlangsamen und sich zurückfallen lassen!“.

Grundsätzlich mag dies nachvollziehbar sein, in der Praxis angewandt wird dies aber zwangsläufig zu gefährlichen Situationen führen.

Wer die Geschwindigkeit des überholten Fahrzeuges falsch einschätzt und seinen Überholvorgang beim Erkennen der nahenden Überholverbotszone abbricht, handelt zwar im Sinne des Urteils. Kommt der Überholte jedoch auf die gleiche Idee, um dem Überholer das Abschließen des Überholvorgangs zu ermöglichen, werden beide Fahrzeuge länger nebeneinander fahren, als nötig. Nähert sich dann auch noch der Gegenverkehr und beide Fahrzeuge bremsen nebeneinander ab (man beachte das Urteil: auch wenn sich der Überholer schon schräg vor dem zu überholenden Fahrzeug befindet!) – ist ein folgenschwerer Unfall vorprogrammiert.

Letztendlich liegt es ja zum Glück im Ermessen der Polizei, ob sie hier gemäß dem Urteil einschreiten oder ein Auge zudrücken, weil zum Beispiel der überholende Motorradfahrer lieber einen Feuerstoß gegeben hat, als abzubremsen…